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Gott, frankenstein und ich

Sonntag, 06.11.2022

 

My heart yearned to be known and loved by these amiable creatures;

to see their sweet looks directed towards me with affection was the utmost limit of my ambition.

I dared not to think that they would turn them from me with disdain and horror. *

 

--- Mary Shelly, Frankenstein ---

 

Annahme. Freundschaft. Bedingungslose Liebe. Ein Umfeld, wo ich einfach so sein darf, wie ich bin. Die Sehnsucht nach diesen Dingen dürfte den allermeisten Menschen nicht unbekannt sein. Glücklich und beschenkt darf man sich schätzen, wenn man diesen Ort gefunden hat. Für viele ist es die Familie oder der Freundeskreis. Andere versuchen sich diesen Zustand zu erarbeiten, durch Leistung soll sich die Anerkennung der anderen verdient werden. Wieder andere verstellen sich, setzen Masken auf, verstecken sich hinter dicken, schmuckvollen Fassaden, um Anderen zu gefallen und um dazuzugehören. Hier ist es allerdings mit der Bedingungslosigkeit offenkundig nicht allzu weit her. Und was ist eigentlich, wenn man nicht mehr leisten kann, die Fassade bröckelt? Selbst in den besten Freundschaften und Familien kennt Geduld, Verständnis und Liebe in aller Regel eine Grenze.

In der gleichen Gefühlswelt hat sich auch Frankensteins Monster befunden, von welchem das obige Zitat im 1818 erschienenem Roman von Mary Shelly stammt. Von Victor Frankenstein erdacht, im Labor zusammengeflickt und optisch leider etwas missraten, sehnt sich die Kreatur nach nichts sehnlicher als irgendwo dazugehören. Aber immer spätestens, wenn die Menschen die schreckliche, furchteinflößende Gestalt des Monsters erblicken, reagieren sie nur mit Ekel, Abwendung oder gar Gewalt. Die durch die wieder und wieder erfahrene Ablehnung entstandene Zerbrochenheit und tiefe Enttäuschung des Monsters wandelt sich somit Stück für Stück in Hass gegen die Mitmenschen, in erster Linie aber gegen seinen Schöpfer, welcher schließlich für seine Leiden verantwortlich ist. Und dann nimmt das Grauen wenig unverständlich seinen Lauf…

 

Wenn man Frankenstein gelesen hat, wird einem erst klar, dass es sich bei dem Buch unter heutigen Gesichtspunkten weniger um eine Gruselgeschichte handelt als um eher eine Tragödie ohne Happy End. Man möchte der Kreatur während des Lesens immer wieder zurufen: „Du bist gut so wie du bist! Gott liebt jeden, egal ob hässlich oder bildhübsch! Werf‘ doch endlich mal einen Blick in die Bibel, bevor hier gleich alles böse den Hang runtergeht!“ Denn tatsächlich quillt Gottes Wort über vor Liebesbekundungen an uns Menschen. Angefangen bei der Schöpfungsgeschichte, die erzählt wie Gott uns geschaffen und für „gut“ befunden hat. Über seine Geschichte mit dem Volk Israel, das er erwählt und mit dem er einen Bund geschlossen hat und denen er sich als „eifersüchtiger“ Gott offenbart, der sich im Grunde nichts mehr als ein „Zurücklieben“ seines Volkes wünscht. Bis hin natürlich zu Jesus, der für jeden Einzelnen sein Leben gegeben hat, damit er mit Gott versöhnt leben kann. Schade also eigentlich, dass Frankensteins Kreatur die Bibel nicht gekannt hat. Womöglich wäre dann die Geschichte anders geendet.

 

Jeder einzelne von uns darf wissen, dass er wunderbar gemacht ist. Dass er von Gott angenommen und geliebt ist. Bedingungslos. Dass Gott der erste und letzte ist, der mir seine Freundschaft anbietet. Gerade wenn wir in unserem Umfeld auf Ablehnung stoßen, uns nicht wahrgenommen fühlen, steht diese Wahrheit unumstößlich fest. Bei Gott darf ich sein wer und wie ich bin. Immer. Nichts bringt das wohl schöner auf den Punkt als die folgenden Verse aus Psalm 139 (13 - 18).

 

 

Du hast mich mit meinem Innersten geschaffen, im Leib meiner Mutter hast du mich gebildet.

 

Herr, ich danke dir dafür, dass du mich so wunderbar und einzigartig gemacht hast! Großartig ist alles, was du geschaffen hast – das erkenne ich!

 

Schon als ich im Verborgenen Gestalt annahm, unsichtbar noch, kunstvoll gebildet im Leib meiner Mutter, da war ich dir dennoch nicht verborgen.

 

Als ich gerade erst entstand, hast du mich schon gesehen. Alle Tage meines Lebens hast du in dein Buch geschrieben – noch bevor einer von ihnen begann!

 

Wie überwältigend sind deine Gedanken für mich, o Gott, es sind so unfassbar viele!

 

Sie sind zahlreicher als der Sand am Meer; wollte ich sie alle zählen, ich käme nie zum Ende!

 

* Übersetzung:

Mein Herz sehnte sich danach, von diesen liebenswürdigen Geschöpfen gekannt und geliebt zu werden; ihre süßen Blicke voller Zuneigung auf mich gerichtet zu sehen, war die äußerste Grenze meines Ehrgeizes. Ich wagte nicht daran zu denken, dass sie sie mit Verachtung und Entsetzen von mir abwenden würden.

 

 

Franz